Diese Professionalisierung scheint mir in der Subszene des Metals noch deutlicher ausgeprägt zu sein. Die aktuellen Metalbands haben wenig mit den Rockstars der 60er bis 80er gemein. So fällt mir auch spontan kein Metallied ein, welches sich explizit mit dem Drogenkonsum beschäftigt und schon gar nicht eine Hymne auf eine Droge wie "Fire It Up" darstellt. Auf der einen Seite hängt das natürlich mit dem Vorurteil der eher düsteren, oft martialischen Lyrics zusammen. Beispielhaft dafür ein Auszug aus Disturbeds vermutlich bekanntesten Liedes "Down with the Sickness": "The world is a scary place / Now that you've woken up the demon ( In me!! )" (Video). Dieser Auszug ist natürlich verzerrend, ich will hier keineswegs die Vorurteile über Metallyrics noch weiter verstärken. Dennoch zeigt sich auf den ersten Blick doch eine gewisse Diskrepanz zum Musikgenre des Reggaes, das zu allererst mit Marihuana assoziiert wird.
Auf der anderen Seite habe ich wie schon angedeutet das Gefühl, dass in der Metalszene der Drogenkonsum eher verschwiegen wird. So wird der Alkoholkonsum zelebriert, andere Drogen sind jedoch nicht präsent. Deutlich werden sie erst, wenn wieder ein Musiker an Drogenkonsum stirbt. Die letzten beiden prominenten Beispielen hierfür waren Paul Gray von Slipknot sowie Wayne Static von Static-X, die beide (mutmaßlich) direkt bzw. indirekt am Drogenkonsum gestorben sind (Quellen zu den Todesursachen von Paul Gray und Wayne Static). Hierdurch bleibt jedoch unklar, wie verbreitet der Drogenkonsum in der Metalszene wirklich ist: Sind Paul Gray und Wayne Static Ausnahmen oder Stereotypen von Metalmusikern? Wie sieht es auf Seiten der Fans aus? Ich hoffe, dass ich noch einmal an anderer Stelle die Metallyrics wie auch die Szene selbst tiefer in den Blick nehmen kann, um Fragen wie diese zu untersuchen. An dieser Stelle bleibt es jedoch bei diesen losen Mutmaßungen, ich würde mich stattdessen abschließend lieber den Lyrics von "Fire It Up" zu wenden.
Der Song beginnt mit den typischen Geräuschen einer blubbernden Bong, bevor die Instrumente und anschließend der Gesang einsetzen. Der Text des Liedes ist im Ganzen sehr einfach gehalten. Im Form eines Parallelismus formuliert das lyrische Ich Konditionalsätze in den Strophen, um auszudrücken, wann es Marihuana konsumiert. Dass es sich um den Konsum mit Marihuana handelt, wird dabei nicht explizit erwähnt. Es lässt sich jedoch aus dem Text erschließen, der somit zugleich auf die verbreiteten Stereotypen der Wirkung von Graskonsum verweist.
So teilen sich die Ziele des Konsums in den Lyrics in zwei thematische Gruppen auf. Auf der einen Seite soll er den künstlerischen Prozess erleichtern. Hier fallen Begriffe wie "inspiration", "illumination" und "other side", um die das lyrische Ich die Substanz gewissermaßen bittet. Dem Marihuana wird also eine besondere Wahrnehmungsqualität zu gestanden, es würde Erlebnisse jenseits der Alltagserfahrungen ermöglichen und damit produktiv auf das künstlerische Arbeiten einwirken. Wichtig aber hier, dass das Gras nicht als ursächlich angesehen wird, sondern lediglich als Hilfsmittel: "So the rhythm can / No longer run and hide." Das Künstler-Ich bleibt der Schöpfer der Kunst, die Droge assistiert ihm lediglich, erleichtert aber seinen Prozess, wie der hymnische Text gewissermaßen selbst beweist.
Die andere thematische Gruppe der Wirkweisen ist eher profan. In diesen Strophen preist das lyrische Ich eher irdische Qualitäten wie "relaxation", "rejuvenation" und "serenity". Hier tritt also deutlich das etablierte Bild des entspannten Kiffers hervor, der die Droge als Entspannung zum Ausgleich des Alltags konsumiert.
Im Ganzen ist auffällig, wie sehr Marihuana hier angepriesen wird. Negative Wirkungen werden nicht einmal im Ansatz beschrieben. Dieses macht in meinen Augen auch das ungewöhnliche des Liedes aus: Mir fällt kein anderes Lied mit harten Gitarrenriffs und stampfenden Drums ein, dass textlich eine klare Marihuanahymne darstellt. Und von Disturbed hätte man es wohl auch kaum erwartet. Die Band scheint sich selbst diesem Umstands klar zu sein, sodass im Video permanent Hanfpflanzen auftauchem, um sicherzugehen, dass sie auch wirklich über Marihuana singen - und in diese Richtung scheint mir auch die Funktion des Bonggeräusches am Anfang des Liedes zu gehen. Ein möglicher Grund dafür, warum Disturbed auf einmal so offensiv mit dem Thema Drogen umgeht, könnte in meinen Augen die gewandelte Stimmung in den USA sein, in denen Marihuana mittlerweile in einer Reihe von Bundesstaaten legalisiert ist. Es gibt also keinen Grund mehr, zumindest in diesen Staaten auf Insidermetaphern oder versteckte Anspielungen zurückzugreifen.